Prüfungsbewertung beanstanden
Wenn du mit einer Prüfungsbewertung nicht einverstanden bist, egal ob die Prüfung gut, schlecht oder nicht bestanden wurde, kannst du dagegen Einwände vorbringen.
Überdenkungsverfahren
Das Grundrecht auf Berufsfreiheit gilt auch bei berufsbezogenen Prüfungen. Dies bedeutet, dass das Prüfungsverfahren dieses Grundrecht angemessen berücksichtigen muss. Prüfungen können im Fall des endgültigen Nichtbestehens grundsätzlich und bei schlechten Bewertungen ggf. erheblich in die Berufswahlfreiheit eingreifen. Nachträgliche gerichtliche Überprüfungen sind oft eingeschränkt, da Prüfende bei der Bewertung einen großen Ermessensspielraum haben. Daher ist es notwendig, dass das Bewertungsverfahren objektiv und neutral gestaltet wird.
Auch Prüflinge sollen die Gelegenheit haben, ihre Perspektive darzulegen und gegen Verwaltungsentscheidungen Einspruch zu erheben. Bei Prüfungen erfahren die Prüflinge jedoch häufig erst nach der Bekanntgabe der Ergebnisse, wie ihre Leistungen bewertet wurden und welche Kriterien dabei eine Rolle gespielt haben. Daher haben Prüflinge das grundrechtlich geschützte Recht, ihre Einwände bereits im Rahmen eines internen Verwaltungsverfahrens (Verfahrens des Überdenkens oder Überdenkungsverfahren) vorzubringen, um eine effektive Überprüfung der Bewertungen zu gewährleisten.
Dieses Verfahren ist als Ergänzung zum gerichtlichen Rechtsschutz zu sehen, da die Kontrolle von Prüfungsentscheidungen durch Verwaltungsgerichte allenfalls als unvollkommen bezeichnet werden kann und damit nicht ausreicht.
Das Verfahren auf Überdenken muss verschiedene Voraussetzungen erfüllen
- Prüfungsentscheidung wird hinreichend begründet.
- Prüflinge können die Prüfungen einschließlich der Korrekturbewertungen einsehen.
- Prüflinge müssen substantiiert Einwände gegen Bewertung vorbringen.
- Prüfende müssen Einwände erhalten und sich mit ihnen auseinandersetzen. Bei mehreren Prüfenden muss die Auseinandersetzung unabhängig voneinander erfolgen.
- Prüfende haben Bewertungen bei berechtigten Einwänden zu korrigieren.
- Über das Ergebnis der Prüfung ist unter Einbeziehung der ggf. korrigierten Bewertungen neu zu befinden.
Das prüfungsrechtliche Überdenkungsverfahren verlangt von den Prüfenden eine erneute eigenständige und unabhängige Bewertung hinsichtlich der angezeigten Bewertungsfehler, um mögliche Fehler auszuschließen. In diesem Zusammenhang sind Beanstandungen der Bewertung ausführlich darzulegen. Diese werden nur dann berücksichtigt, wenn sie substantiiert und mit einer nachvollziehbaren Begründung vorliegen und daraus klar hervorgeht, in welchen Bereichen die Prüfenden eine fehlerhafte Einschätzung vorgenommen haben.
vgl. BVerwG 6 B 39.12, Beschluss vom 09. Oktober 2012
Hinreichende Begründung beantragen
Häufig kommt es vor, dass Begründungen für Prüfungsentscheidungen sehr kurz gehalten sind. Ist man mit der Bewertung einverstanden oder hat keine Nachfragen, stellt dies auch kein Problem dar, sonst jedoch wird die Situation immens erschwert. Eine Bewertung kann gegegebenenfalls nur dann nachvollzogen werden, wenn eine hinreichende Begründung vorliegt. Pauschale Angaben wie beispielsweise "falsch", "Grundlagenliteratur" oder "unwissenschaftlich" sind oftmals wenig hilfreich und legen nicht zwingend dar, was konkret bemängelt wird. Eine hinreichende Begründung der Bewertung wird umso wichtiger, wenn man dieser mit substantiierter Kritik begegnen möchte, etwa im Überdenkungsverfahren.
Sofern die Begründung für die Prüfungsentscheidung nur äußert knapp vorliegt, kann daher ein Antrag auf eine hinreichende Begründung für die Prüfungsentscheidung gestellt werden.
Mündliche Prüfung
Dies gilt übrigens auch für mündliche Prüfungen. Das Protokoll einer mündlichen Prüfung ist häufig recht kurz und stichpunktartig gehalten. Um sich intensiv mit der Bewertung der mündlichen Prüfung auseinandersetzen zu können, wird eine hinreichende Begründung benötigt. Bei einer mündlichen Prüfung muss darauf geachtet werden, dass diese sehr zeitnah nach dem Prüfungstermin beantragt wird. Andernfalls läuft man Gefahr, dass Prüfende sich nicht mehr näher dazu äußern können, da sie sich schlichtweg nicht mehr erinnern.
Widerspruchsverfahren mit Rüge
Wurden die Einwände berücksichtigt, aber dennoch an der ursprünglichen Bewertung festgehalten, kann mittels eines Widerspruchs die Bewertung gerügt werden.
Verwaltungsintern erfolgt nun erneut die Bewertung der Prüfung. Der Widerspruch wird zurückgewiesen, wenn die Prüfenden an der bisherigen Bewertung festhalten und keine Verfahrensfehler oder Bewertungsmängel festgestellt wird. In diesem Fall steht der Klageweg vor dem Verwaltungsgericht offen.
Widerspruchsverfahen sind hier kostenpflichtig. Die Kosten setzen sich aus dem Aufwand für die Erstellung und Begründung des Widerspruchsbescheids zusammen.